Das Buch ist fertig. Die Ruhe nach dem Sturm, das Durchatmen.
Damals in der Zeit als der Schriftsteller noch nicht ein Universalgenie im Bereich Wort- und Marktschöpfung sein musste, war dies die Zeit, seine Schöpfung zu genießen.
Heute verlangt der Markt ein Buch, einen Trailer, Lesungen, Marketingstrategien, die so neu und innovativ (eigentlich wollte ich dieses Wort nie mehr benutzen) sind, dass der geneigte Leser niederkniet, kauft und sich nach dem nächsten Werk verzehrt.
Und hier liegt das Problem: Die heutige Erwartungshaltung gegenüber einem Schriftsteller liegt bei mindestens zwei Bücher pro Jahr, mehr wäre natürlich, im Sinne des Umsatzes, besser.
Duplikation als Beschleuniger
Gute Geschichten leben von ihrer Einzigartigkeit. Die Recherche sollte stimmen. Charaktere sollten einen Charakter haben. Ist dies zu schaffen, wenn der Druck auf den Schriftsteller kontinuierlich wächst?
Nein.
Die Situation spitzt sich noch zu, wenn der Schriftsteller einen Bestseller schreibt.
Werfen wir einen Blick über den Tellerrand: Hat der Interpret einen Hit gelandet, dann wird von ihm erwartet, dieses zu wiederholen, möglichst sofort und mit noch höheren Verkaufsraten.
Das Stichwort ist Wiederholen: Also eine Duplikation des Erfolgs.
Was liegt näher, da man den Geschmack des Lesers kennt, wie der Bestseller beweist, eine Geschichte zu schreiben, die die Grundzüge des Verkaufserfolgs beinhaltet. Also ist man geneigt, Namen und Orte zu verändern. Handlungen anzupassen, so dass auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, dass hier eine Geschichte, mit ein wenig Überarbeitung, in eine neue Story gegossen wurde. Hier mag der eine oder andere Einwände erheben.
Diese Behauptung ist provokativ und soll zum Nachdenken anregen.
Dass nicht alle Schriftsteller so handeln, ist klar. Aber Geschichten brauchen einen festen Stand und wer schnell etwas erschafft, kann keinen fundamentalen Unterbau erschaffen.
Zu zweit durchbrennen
Wie kann man dem Druck des Marktes standhalten?
Viele Schriftsteller schließen sich zu Schreibgemeinschaften zusammen, damit sie sich die Arbeit teilen können, um am Ende zwei Bücher pro Jahr auf den überfüllten Markt zu bringen.
Schreibgemeinschaften sind nicht per se schlecht. Man kann sich anspornen, gemeinsam (vielleicht bei einem Gläschen Wein) Ideen ausarbeiten, sich gegenseitig korrigieren, aber wenn diese Gemeinschaft sich aneinanderkettet, nur um dem Diktat der Verlage gerecht zu werden, dann wird sehr schnell eine Zwangsgemeinschaft daraus, wo jeder für sich oder zu zweit auf einen, hier werde ich wieder provokant, Burnout zusteuert.
Lieber vergessen als krank
Obwohl das Ausbrennen wegen Überlastung nicht zu den Krankheiten zählt, fühlt sich der betroffene genauso.
Krank.
Hier darf man auch nicht vergessen, dass dieses Burnout (verwenden wir hier zur einfacheren Versinnbildlichung den Modebegriff) nicht nur die eigene Person betrifft, sondern die Familie in dessen Strudel mit sich reißt. Diesen Teufelskreis zu verlassen und am Ende wieder ein Mensch und nicht nur eine funktionierende Schreibmaschine zu sein, kostet Kraft, Zeit und wenn man die Familie mit in den Schlamassel gezogen hat, auch sehr viel Liebe und Zuneigung, damit das Leben wieder einen Wert bekommt.
An dieser Stelle sollte man lieber die Vergesslichkeit des Lesers in Kauf nehmen (ist der Leser wirklich so vergesslich oder wird dies von Verlagen suggeriert, damit die Ware Schriftsteller aufrechterhalten werden kann), als sich in einem nie endenden Mahlstrom aus Schreiben, Marketing und Lesungen hinein zu begeben.
Ich
Ich muss zugeben, dass ich manchmal in Grübeln komme (hier will ich nicht von Neid sprechen), wenn ich lese, dass eine oder einer meiner geschätzten Autorenkollegen wieder ein neues Buch herausgegeben hat und ich mit meinen Schreiberzeugnissen weit hintenanstehe. Aber, ich habe einen Job, ich habe eine Familie und ab und zu muss ich mir eine Auszeit gönnen, damit die Kreativität nicht zu einer verödeten Pflanze wird.
Ich werde mich nicht dem Diktat unterwerfen und die Schreiberei zu einem Marathonsport machen. Wenn die Konsequenz darin liegt, nie ein Verlagsautor zu werden oder Leser mich und meine Werke vergessen, dann ist das so und so nicht zu ändern.
Veröffentlichen kann man über das Selfpublishing, denn hier bin ich Herr und Meister über die Taktrate.
Wie immer im Leben: Jeder muss seine Prioritäten setzen und die Konsequenzen abwägen.
#RohanDeRijk